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Nanu, wo kommt denn der schlechte Geschmack auf einmal her? 

Es gibt immer wieder Sales-Mails, Verkaufsseiten oder Launch-Strategien, die fühlen sich an, als würde jemand mit den Fingerspitzen über Styropor streichen. Oder ganz sachte mit einer Gabel über einen Teller schrabbeln.

Grrr… Gänsehautfeeling – aber von der schlechten Sorte:

Nur, es ist nicht immer so leicht dir Ursache für dieses Gefühl zu finden.

Häufig liegt es daran, dass dich in dem Moment jemand manipulieren will. Und dein Unterbewusstsein das deutlich schneller mitbekommt, als dein Verstand. 

Der braucht gelegentlich ziemlich lange, bis er mitbekommt, dass da was nicht stimmt. Weil Manipulation im Marketing- und im Sales-Prozess subtil und unauffällig passiert. 

  • In diesem Blogartikel zeige ich dir, was der Unterschied zwischen Manipulation und Überzeugen ist. 
  • Warum es langfristig keine gute Idee ist, deine Kunden zum Kaufen zu manipulieren (auch wenn es kurzfristig gut für den Kontostand ist)
  • Und wie du selber manipulative Taktiken im Sales-Prozess erkennst.

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Praktisch jede Unternehmer:in, die ich kenne, kann stundenlang mit glänzenden Augen über ihr Thema sprechen:

  • Wieso es wichtig ist.
  • Warum es einen Unterschied macht.
  • Wieso die Kunden genau dieses Produkt brauchen
  • Und was passiert, wenn die Kunden das Produkt nutzen

Und dabei ist es egal, ob es um Porzellan, Schokolade, Führungskräfte-Coaching oder ein Coaching-Angebot für Mütter geht, die mit Babypfunden zu kämpfen haben.

Nach diesen Gesprächen würde ich das Produkt am liebsten immer SOFORT kaufen. 

  • Weil mich die Passion dieser Frauen ansteckt.
  • Weil ich verstehe, was das Angebot einzigartig macht
  • Und weil sie mich überzeugen!

Nach diesen Gesprächen fühle ich mich inspiriert – nicht manipuliert. Und genau so sollte Marketing sein. 

Was ist der Unterschied zwischen Überzeugen und Manipulation im Marketing? 

Aber was ist der Unterschied zwischen Manipulieren und Überzeugen

Und wieso ist das eine im Verkaufsprozess ok und das andere igittigitt?

Das Thema ist tatsächlich ein ziemlich alter Hut. Selbst Aristoteles hat sich schon damit beschäftigt.

Aristoteles legte sich im 4. Jahrhundert vor Christus mit den Sophisten an, einer Gruppe von begnadeten Rhetorikern. Das Problem mit den Sophisten war, dass sie es mit der Wahrheit nicht so genau nahmen, wenn das Geld stimmte: 

Gegen Bezahlung vertraten sie jede Meinung und nutzen ihr Talent, um Menschen zu überzeugen. 

Oder – laut Aristoteles – um Menschen zu manipulieren. 

Denn den Sophisten ging es nur um den eigenen Vorteil. Und dafür nahmen sie auch in Kauf, anderen Menschen Schaden zuzufügen. Und genau da sind wir an dem entscheidenden Punkt.

Überzeugen: Schaffe eine Win-Win Situation für Unternehmen und Kunden

Es ist total ok, wenn du versuchst, Menschen von deinem Standpunkt zu überzeugen. Das machen wir ständig. Privat, wie im Business. 

Aristoteles, der alte Rhetoriker, nennt das sogar nobel.

Überzeugen bedeutet, dass du ein Argument für deine Sache konstruierst und dabei…

  • Klar kommunizierst, was dein Ziel ist
  • Logische Argumente, Fakten und Beispiele nutzt
  • Informationen ausgewogen und verlässlich präsentierst
  • Und an die Emotionen der anderen Person appellierst – ohne Druck aufzubauen.

Die Kommunikation findet dabei auf Augenhöhe statt.

Und das Ergebnis sollte immer eine Win-win-Situation für beide Gesprächspartner sein.

Manipulation ist dagegen das schwarze Schaf in der Kommunikation

Manipulation ist dagegen das schwarze Schaf in der Marketing-Kommunikation. 

Weil es dabei nicht um Kommunikation auf Augenhöhe geht. Sondern, weil du dabei gezielt eine Win-loose-Situation zwischen dir und dem Kunden schaffst. 

Du versuchst strategisch das Fühlen, Denken und Handeln deiner Kunden zu beeinflussen, um daraus für dich einen Vorteil zu ziehen

An diesen drei Punkten kannst du messen, ob deine Marketing-Message frei von manipulativen Elementen ist:

3 Punkte, an deinen du erkennst, ob deine Marketing-Message sauber ist

1. Was ist die Intention? Was ist das Ziel meines Angebots?

Hinterfrage dein Angebot und deine Marketing-Message: Um was geht es mir? 

  • Geht es mir darum, die richtigen Menschen zu erreichen und sie von einem Produkt zu überzeugen, dass ihnen wirklich etwas bringt?
  • Oder geht es mir darum, jemanden von etwas zu überzeugen, weil es für mich am besten ist? Weil es mir einen Vorteil verschafft?

Du kannst es hier mit Kants Imperativ halten: 

“Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Klingt kompliziert? Dann lass es mich nochmal mit den Worten meiner Oma sagen: 

“Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu!” 

Für den ultimativen Oma-Effekt sprich den Satz nochmal in breitem Rhoihessisch aus

Oder… um den Satz nochmal als Marketing-Weisheit zu verpacken: 

Behandel deine Kunden so, wie du selber gerne behandelt werden möchtest. 

Und alles ist ok.

2. Sind alle Fakten auf dem Tisch?

Manipulation bedeutet immer, dass bewusst Fakten und Informationen verschwiegen werden, die der andere eigentlich bräuchte, um eine rationale und informierte Entscheidung zu treffen. 

Oder, dass bestimmte Faktoren überproportional aufgeblasen werden, um den anderen zu überzeugen.

Du willst das vermeiden? 

Dann achte darauf, dass du deinen Kunden in deiner Sales-Message die ganze Geschichte erzählst. Hier sind einige Beispiele: 

  • Sind die versprochenen Ergebnisse für die Kunden tatsächlich erreichbar?
  • Kann die Zielgruppe diese Ergebnisse mit den vorhandenen Mitteln realistisch erreichen? Oder müssen dafür bestimmte Voraussetzungen gegeben sein?
  • Ist der Zeitrahmen realistisch?

Ich weiß, es ist immer verführerisch, die Top 3 Star-Kunden zu präsentieren, die in unglaublich kurzer Zeit unglaublich tolle Ergebnisse erzielt haben:

  • Schön plakativ sind immer Beispiele aus der Fitness-Szene: Von Größe 42 zu Größe 36 in 4 Wochen.
  • Oder auch aus der Online-Business-Bubble: In 3 Monaten zu deinem sechsstelligen Online-Business.

Es kann ja sein, dass solche Resultate tatsächlich schon mal jemand erreicht hat – wobei mich dazu dann auch sehr der Kontext interessieren würde.

Aber wie wahrscheinlich sind diese Ergebnisse für das Gros deiner Kunden?

3. Lasse ich dem Kunden die Wahlfreiheit?

Und last but not least: hinterfrage kritisch, ob du deine Kunden zum Kauf zwingst – oder ob du ihnen die Freiheit lässt, nein zu sagen:

  • Kein Kunde sollte Schuldgefühle haben, weil er oder sie sich gegen dein Angebot entscheidet
  • Niemand sollte das Gefühl haben, dich persönlich zu enttäuschen, nur weil sie aktuell nicht mit dir zusammen arbeiten will
  • Und keine Kundin sollte das Gefühl haben, die Chance ihres Lebens zu verpasst und bis in alle Ewigkeiten selber an ihrem Unglück schuld ist – nur weil sie gerade kein Geld für eine Zusammenarbeit mit dir hat

Klar, am Ende sind Kunden mündige Bürger.

Aber es macht schon einen Unterschied, ob du deinen Kunden rhetorisch die Hölle heiß machst und psychologische Trigger nutzt, um ihnen ein schlechtes Gewissen zu machen, wenn sie nicht bei dir kaufen.

Oder ob du mit ihnen auf Augenhöhe kommunizierst und ihnen die Wahl lässt, sich für oder gegen dein Angebot zu entscheiden.

Du manipulierst deine Kunden? Keine Sorge, wir sitzen alle im gleichen Teich

Hast du gerade ein komisches Gefühl in der Magengegend?

Bitte mache dir keine Vorwürfe, wenn du gerade feststellst, dass du deine Kunden manipulierst – oder schon mal manipuliert hast. Auch, wenn du eigentlich nur das Beste für deine Kunden willst.

Ich vermute, das geht fast allen so, die sich erstmals mit diesem Thema auseinandersetzen. Und ich nehme mich da nicht aus.

Warum?

Weil wir alle im selben Teich schwimmen. Und deshalb auch alle nass sind.

Ich habe das bereits im ersten Teil dieser Reihe gesagt:

Manipulative Marketing-Strategien sind ein fester Bestandteil des Marketing-Wissens, das in der Online-Business-Bubble und darüber hinaus vermittelt wird.

Wir sind diesen Strategien täglich ausgesetzt, unter anderem auf Social Media, und haben sie oft selber genutzt. 

Weil wir das so gelernt haben.

Und weil das gefühlt alle machen.

Das bedeutet aber nicht, dass du Marketing nicht umlernen und zukünftig bewusst nicht-manipulative Strategien nutzen kannst, um dein Unternehmen zu bewerben. 

Es kann sein, dass das nicht von heute auf morgen passiert. Aber alleine schon das Bewusstsein dafür zu haben und eigenes Handeln zu hinterfragen, ist ein erster Schritt!

Je größer das Risiko, desto schlimmer die Manipulation

Ist jede Form von Marketing-Manipulation gleich schlimm?

Ich denke, das Ziel sollte immer sein, mit dem Kunden auf Augenhöhe zu sprechen und ihn als Mensch und nicht alleine als Lead zu sehen.

ABER:  Je höher das Risiko für den Kunden ist, umso mehr sollten wir darauf achten, keine manipulativen Strategien zu nutzen.

Es macht einen großen Unterschied… 

  • Ob es um einen kostenlosen Lead Magnet geht, der nicht ganz das hält, was er verspricht
  • Ob ich 27 EUR für ein Summit-Paket mit Infos bezahle, die ich auf YouTube an jeder Ecke kostenlos bekomme
  • Oder ob ich 2000 EUR oder mehr für ein Gruppen-Coaching-Paket ausgebe, bei dem mir der Himmel auf Erden versprochen wird – und das sich im Nachhinein als Nepp herausstellt.

Und wenn jemand deutlich Hilfe braucht, weil er oder sie psychische, physische oder finanziell in Not ist, dann ist es IMMER eine Sauerei, diese Notsituation für den eigenen Vorteil zu nutzen – egal um welchen Preis es geht.

Warum “Aber das machen doch alle” kein Argument für Marketing-Manipulation ist

In den letzten Monaten habe ich einige Online-Unternehmer:innen immer wieder auf Marketing-Strategien oder Werbe-Versprechen angesprochen, die bei mir dieses Geschmäckle verursacht haben, vom dem ich am Anfang gesprochen habe. 

Auf meine Frage habe ich meistens zwei Antworten bekommen:

Die erste Antwort war‘

“Aber das machen doch alle so”.

Vielleicht  ich hier kurz einen Spruch meiner Eltern zitieren, den ich als Teenie gehasst habe – und mit dem ich heute selber meine Kinder nerve::

“Nur weil alle in den Fluss springen, heißt das nicht, dass du hinterher springen mußt.”.

Tobias Weilandt bringt es in seinem Beitrag auf den Punkt: 

Wer sich mit der Begründung „aber die anderen machen das auch…“ aus der Affäre ziehen will, weiß eigentlich, dass sein Handeln nicht ok ist. 

Und macht es trotzdem!

Wer so argumentiert, gibt zu, die moralische Urteilsfähigkeit abgegeben zu haben – und räumt seine Inkompetenz ein.

Dabei sollte dir immer bewusst sein: am Ende musst du für dein Handeln gerade stehen und nicht der Promi-Business-Coach, der dir diese Strategien beigebracht hat.

Marketing-Manipulation schädigt deine Marke

Der zweite Satz, den ich auf Nachfragen gehört habe, war:

“Ja, ist ein bisschen komisch. Aber wenn ich erzähle, dass ich mit einem Launch 7500 EUR in einer Woche verdient habe, verkaufe ich mehr”.

Ja, manipulative Marketing-Strategien funktionieren!  

Und sie sind eine Möglichkeit, um kurzfristig mehr zu verkaufen und den Umsatz hochzutreiben.

Aber um welchen Preis. 

Echte, profitable, langfristige Geschäftsbeziehungen basieren auf gegenseitigem Vertrauen.

Echte, profitable und langfristige Geschäftsbeziehungen basieren auf gegenseitigem Vertrauen

Und das wird zerstört, wenn ich Kunden manipuliere und täusche. 

Es dauert Jahre, um eine starke Marke aufzubauen. Aber du kannst sie in relativ kurzer Zeit zerstören. 

Der bekannteste Werbetexter aller Zeiten, David Oglivy, hat es sehr schön auf den Punkt gebracht: 

“Kunden sind nicht dumm. Kunden sind wie Ehefrauen Du kannst sie einmal täuschen, aber ein zweites Mal wird dir das nicht gelingen. Betrügen und Täuschen ist nicht gut für dich. Es ist nicht gut für den Kunden. Und es ist ganz sicher nicht gut fürs Geschäft.”

David Oglivy

Ist ethisches Marketing die Lösung?

Ich habe mich nach meinen eigenen Erfahrungen mit toxischem Marketing oder Cringe-Marketing umgesehen und recherchiert, welche Alternativen es gibt. 

Gibt es sowas wie “ethisches” oder “anständiges” Marketing?

Wäre es nicht super, wenn es eine Art Leitfaden gäbe, an dem man sich einfach entlang hangeln kann?

Aber so einfach ist das leider nicht.

Ich weiß, was ethisches Marketing für mich bedeutet – und davon werde ich dir in den nächsten Folgen auch noch berichten.

Aber meine Definition orientiert sich an meinen Werten. Und die können ganz anders aussehen, als deine Werte:

  • Es gibt beispielsweise Unternehmer:innen, die Countdown Timer im Sales Prozess konsequent ablehnen. Ich persönlich sehe das nicht so eng, wenn sie achtsam verwendet werden.
  • Und es gibt Selbständige, die es absolut ok finden, mit Umsatzzahlen Werbung zu machen. Was ist für mich persönlich nicht infrage kommt. 
  • Ich finde Affiliate-Marketing nur unter bestimmten Umständen ok und würde nie ein Produkt bewerben, das ich nicht kenne. Aber es gibt Unternehmerinnen, die machen das. Und das kann für sie absolut stimmig sein. 

Die Sache ist die: 

Solange Kunden nicht manipuliert werden – also, solange die Intention ist, eine Win-win-Situation für alle Beteiligten zu schaffen, alle Fakten auf dem Tisch sind und der Kunde nicht unter Druck gesetzt wird, ist gegen viele Marketingstrategien nichts einzuwenden und es liegt an mir und meinen Werten, Normen und Präferenzen, ob ich diese Strategien nutze. 

Klar habe ich eine Meinung, was für mich ethisches Marketing bedeutet (davon werde ich dir in den nächsten Folgen dieser Reihe auch noch berichten).

Aber – und das ist wichtig – diese Meinung orientiert sich an meinen persönlichen Werten und Normen. Aber die können ganz anders sein, als deine Werte und Normen.

Und wie geht es jetzt weiter? 

Ethisches Marketing ist ein Prozess – und kein Schuh, den man sich einfach anziehen kann. 

Und es ist ok, wenn du dir die Zeit nimmst, um herauszufinden… 

  • Was sind meine unternehmerischen Werte und Normen
  • Was sind Strategien und Taktiken, die ich so nicht mehr nutzen will und warum
  • Was kann ich sofort verändern und was braucht Zeit? 
  • Wie kann ich evtl. entstandenen Schaden wieder gut machen? 

Weitere Quellen und Inspirationen :

Manipulatives Marketing auf Social Media: eine Analyse

The Ethics of Manipulation – Standford Encyklopedia of Philosophy

Negative Manipulation im Coaching – Tatjana Heidemann

Der goldene Windbeutel

Duped – Podcast mit Maggie Petterson und Dr. Michelle Mazur

Maggie Patterson